Für Unternehmer: Weniger Arbeit mit den Rechnungsabgrenzungsposten

Ausweislich der gesetzlichen Regelungen im Einkommensteuergesetz (EStG) sind als Rechnungsabgrenzungsposten auf der Aktivseite grundsätzlich Ausgaben vor dem Abschlussstichtag anzusetzen, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Dies bedeutet, dass die Ausgabe schon getätigt sein muss, es muss also schon etwas bezahlt worden sein, dies gehört jedoch wirtschaftlich erst in die Zeit nach dem Abschlussstichtag.

 

Ein gutes Beispiel zur Verdeutlichung sind an dieser Stelle immer Versicherungen. So wird eine Versicherung beispielsweise in Höhe von 2.000 Euro am 1. Juli eines Jahres bezahlt und hat eine Laufzeit von zwölf Monaten. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die 2.000 Euro in Höhe von 1.000 Euro Aufwand im Jahr der Zahlung sind und die restlichen 1.000 Euro erst Aufwand im Folgejahr darstellen. Daher verbuchte man dann 1.000 Euro im aktiven Rechnungsabgrenzungsposten der Bilanz.

 

Selbstverständlich funktioniert dies auf der Passivseite spiegelverkehrt. So sind hier als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen anzusetzen, die tatsächlich vor dem Abschlussstichtag geflossen sind, jedoch tatsächlich erst Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen.
In der Praxis gestalten sich die Abgrenzungsarbeiten im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten regelmäßig als aufwendig. Umso erfreulicher ist daher eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichtes Baden-Württemberg vom 02.03.2018 unter dem Aktenzeichen 5 K 548/17, wonach es keine Pflicht zur Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungsposten für unwesentliche Beträge gibt, die der Höhe nach den für geringwertige Wirtschaftsgüter vorgesehenen Grenzbetrag nicht überschreiten.

 

Ganz konkret zu Entscheidung: Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung zu den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten im Einkommensteuergesetz besteht ein abschließendes Aktivierungsgebot für aktive Rechnungsabgrenzungsposten. Insoweit hat der Steuerpflichtige also kein Wahlrecht, wie auch aus der ständigen Rechtsprechung der Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofs zu entnehmen ist.
Allerdings ermöglicht der Grundsatz der Wesentlichkeit, unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu lassen. Deshalb werden die Bilanzierungsgrundsätze der Vollständigkeit und Wahrheit durch den Grundsatz der Wesentlichkeit in diesem Fall eingeschränkt. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten nur einen sehr geringen Betrag aufweist.
In solchen Fällen von geringer Bedeutung kann daher ausweislich der aktuellen Entscheidung des Finanzgerichtes auf eine aktive Rechnungsabgrenzung verzichtet werden. Schließlich stellt sich dann jedoch die Frage, was denn von geringer Bedeutung ist. Auch dies beantwortet das Finanzgericht Baden-Württemberg und bezieht sich dabei sogar auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.
Bei der Frage, wann ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt, folgt der Senat des Finanzgerichtes Baden-Württembergs nämlich den Überlegungen des X. Senats des Bundesfinanzhofs und orientiert sich ebenso an der Grenze der geringwertigen Wirtschaftsgüter. Dies bedeutet: Bis zu dieser Höhe muss kein Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden.

 

So auch schon der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 18.03.2010 unter dem Aktenzeichen X R 20/09. Seinerzeit entschieden die obersten Richter der Republik bereits, dass auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten nach Maßgabe des Grundsatzes der Wesentlichkeit verzichtet werden darf, wenn die abzugrenzenden Beträge nur von untergeordneter Bedeutung sind und eine unterlassene Abgrenzung das Jahresergebnis nur unwesentlich beeinflussen würde. Ebenso wie bei den geringwertigen Wirtschaftsgütern auf eine planmäßige Abschreibung nach Maßgabe der voraussichtliche Nutzungsdauer verzichtet werden kann, kann auch in Fällen, in denen der Wert des einzelnen Abrechnungspostens 410 Euro (Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter im Streitjahr) nicht übersteigt, auf eine Abgrenzung verzichtet werden.

 

Für die Praxis eine erfreuliche Erleichterung, zumal sie auch durch die oberste Rechtsprechung gedeckt ist.
Exkurs: Trotz dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung hat das Finanzgericht Baden-Württemberg die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, da seiner Meinung nach die Rechtsfrage, ob es dem Steuerpflichtigen erlaubt ist, in Fällen von geringer Bedeutung auf den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens zu verzichten, grundsätzliche Bedeutung hat. Die Beantwortung dieser Frage liegt aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtseinheitlichkeit im allgemeinen Interesse. Tatsächlich hat die Finanzverwaltung auch die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, jedoch hat dieser die Revision unter dem Aktenzeichen X R 14/18 als unzulässig verworfen. Die Entscheidung des Finanzgerichtes Baden-Württemberg ist somit rechtskräftig, und man kann sich guten Gewissens auf sie berufen.

 

Sowohl der Entscheidung des Bundesfinanzhofs als auch der Entscheidung des Finanzgerichtes Baden-Württembergs lagen Streitjahre zu Grunde, bei denen die Wertgrenze für ein geringwertiges Wirtschaftsgut 410 Euro betrug. Schon im Leitsatz der Entscheidung aus Baden-Württemberg wird jedoch darauf hingewiesen, dass man sich an der jeweiligen Grenze orientieren kann. Die Grenze von 410 Euro galt nur bis Ende 2017. Danach gilt eine Grenze von 800 Euro, weshalb man auch bis zu dieser Höhe in analoger Anwendung der Rechtsprechung auf die Bildung eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens verzichten kann. Alles andere wäre sicherlich nicht folgerichtig.

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