Für Vermieter: Verteilter Erhaltungsaufwand bei Tod des Vermieters vererblich?

Im Zusammenhang mit § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG), also den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, beinhaltet § 82 b EStG eine Regelung zur Behandlung größeren Erhaltungsaufwandes bei Wohngebäuden.

 

Danach gilt: Steuerpflichtige können entsprechende größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwandes nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, abweichend vom Abflussprinzip in § 11 Abs. 2 EStG auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. In der Praxis ist hiermit eventuell ein nicht zu unterschätzender Steuervorteil verbunden. Ein solcher ist beispielsweise immer dann gegeben, wenn sich eine steuermindernde Wirkung im Jahr der Zahlung der Erhaltungsaufwendungen nicht ergeben würde oder auch nur in späteren Jahren eine höhere Progression herrscht. Über die Jahre hinweg können also Progressionsspitzen gekappt werden.

 

Damit die Verteilung gelingt, sollen es laut Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ausdrücklich größere Aufwendungen sein. In der Praxis wird hier jedoch in der Regel kein Problem auftreten, da die Finanzverwaltung grundsätzlich jegliche Erhaltungsaufwendungen, also auch kleinere, verteilt. Weitere Voraussetzung in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ist die überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken. Ein Gebäude dient in diesem Zusammenhang überwiegend Wohnzwecken, wenn die Grundfläche der Wohnzwecken dienenden Räume des Gebäudes mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche beträgt. Zum Gebäude gehörende Garagen sind ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche Nutzung als zu Wohnzwecken dienend zu behandeln, soweit in ihnen nicht mehr als ein Personenkraftwagen für jede in dem Gebäude befindliche Wohnung untergestellt werden kann. Lediglich Räume für die Unterstellung weiterer Kraftwagen sind stets als nicht Wohnzwecken dienend zu behandeln.

 

Im Rahmen dieser Verteilungsmöglichkeit von Erhaltungsaufwendungen ist aktuell streitbefangen, wie noch nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen steuermindernd anzusetzen sind, wenn der (bisherige) Vermieter im Verteilungszeitraum verstirbt und das Objekt vererbt.

 

Die Verwaltungsmeinung sieht in Richtlinie 21.1 Abs. 6 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) insoweit folgende Regelung vor: Wird das Eigentum an einem Gebäude unentgeltlich auf einen anderen übertragen, kann der Rechtsnachfolger Erhaltungsaufwand noch in dem von seinem Rechtsvorgänger gewählten restlichen Verteilungszeitraum geltend machen. Dabei ist der Teil des Erhaltungsaufwandes, der auf den Veranlagungszeitraum des Eigentumswechsels entfällt, entsprechend der Besitzdauer auf den Rechtsvorgänger und den Rechtsnachfolger aufzuteilen.
Ob diese offizielle Auffassung der Finanzverwaltung jedoch tatsächlich zutreffend ist, ist aktuell umstritten. Grund dafür ist im Wesentlichen eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 11.10.2019 unter dem Aktenzeichen 10 K 3350/18 E. Danach sind vom Erblasser noch nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen im Sinne von § 82 b EStDV bei dem Erben in einer Summe abziehbar. Zur Begründung verweist insoweit das erstinstanzliche Gericht auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs mit Beschluss vom 25.09.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 17/17.

 

Darin haben die obersten Finanzrichter der Republik klargestellt: Hat der die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielende Nießbraucher größere Erhaltungsaufwendungen auf mehrere Jahre verteilt und wird der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers innerhalb des Verteilungszeitraums beendet, kann der Eigentümer den verbleibenden Teil der Erhaltungsaufwendungen nicht als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

 

Insoweit besteht keine Rechtsgrundlage für einen interpersonellen Übergang des verbliebenen Teils der von dem Nießbraucher getragenen Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer. Insbesondere begründet bei Beendigung des Nießbrauchs durch den Tod des Nießbrauchers die Regelung des § 11 d Abs. 1 Satz 1 EStDV nicht die interpersonelle Überleitung der Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer. Darin ist nämlich lediglich geregelt, dass bei den nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern, die der Steuerpflichtige unentgeltlich erworben hat, sich die Absetzung für Abnutzung nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers oder dem Wert, der bei Rechtsvorgänger an deren Stelle getreten ist oder treten würde, bemessen, wenn dieser noch Eigentümer wäre.
Im Fazit entschied daher der Bundesfinanzhof in der oben genannten Entscheidung aus 2017, dass der verbliebene Teil der Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften des Nießbrauchers aus Vermietung und Verpachtung im Veranlagungszeitraum der Beendigung des Nießbrauchs abzuziehen ist.

 

Daran knüpft nun das erstinstanzliche Finanzgericht Münster an. Dabei übersehen die erstinstanzlichen Richter nicht, dass die Sachverhaltslage ein wenig anders aussieht. So ist die vorgenannte Entscheidung des Bundesfinanzhofs aus 2017 zu einem Fall ergangen, in dem die dortige Erblasserin die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Vorbehaltsnießbraucherin erzielt hatte. Es handelt sich damit letztlich um einen anderen Sachverhalt als der des aktuellen Streitfalls vor dem Finanzgericht Münster. Allerdings hat der Bundesfinanzhof in der Begründung seines Urteil seinerzeit schon ausdrücklich allgemein ausgeführt, welche Folgen der Tod des Steuerpflichtigen auf von ihm zuvor getragene, aber noch nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen im Sinne der Vorschrift des § 82 b EStDV hat.

 

Im Einzelnen hat der Bundesfinanzhof zunächst zu der Frage des Übergangs von nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen von dem dort verstorbenen Vorbehaltsnießbraucher auf den Eigentümer ausgeführt, dass ein solcher nicht möglich sei. Die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung enthält insoweit keine Regelung, welche einen solchen Übergang vorsehen würde. Weiterhin hat der Bundesfinanzhof in seiner damaligen Entscheidung zu der Frage ausgeführt, ob sich etwas anderes daraus ergebe, dass der dortige Kläger nicht nur Eigentümer des Grundstücks war, an welchem der Vorbehaltsnießbrauch bestand, sondern zudem als Erbe der Gesamtrechtsnachfolger der vorherigen Vorbehaltsnießbraucherin. Hierzu erklärten die obersten Richter, dass der dortige Kläger mit dem Tod der Nießbraucherin in steuerlicher Hinsicht Vermieter geworden sei, beruhe auf dem Erlöschen des Nießbrauchs und nicht auf der Gesamtrechtsnachfolge. Zum anderen hat der Bundesfinanzhof aber ebenso ausgeführt, ein solcher Übergang der nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen wäre auch mit dem der Einkommensteuer zugrunde liegenden Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit unvereinbar. Erblasser und Erbe seien verschiedene Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Einkommensteuer herangezogen werden und deren Einkünfte getrennt ermittelt und dem jeweiligen Einkommensteuersubjekt zugewiesen würden. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die beim Erblasser bis zu seinem Tod nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen nicht auf den Gesamtrechtsnachfolger übergehen und dieser sie nicht als Werbungskosten von seinen eigenen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann.
Angesichts dieser weitreichenden Ausführungen des Bundesfinanzhofs geht nun das erkennende Finanzgericht Münster in seiner 2019er Entscheidung davon aus, dass der Bundesfinanzhof die oben genannten Folgen nicht nur im Fall des Vorbehaltsnießbrauchs annimmt, sondern er vielmehr allgemein die Konstellation, dass ein verstorbener Steuerpflichtiger Erhaltungsaufwendungen im Sinne von § 82 b EStDV getragen hat und diese nach der vorgenannten Vorschrift noch nicht verbraucht sind, in der oben genannten Weise beurteilt. Danach gehen jedoch nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen nicht auf den Erben über, sondern sind in voller Höhe beim Erblasser in dem Veranlagungszeitraum abziehbar, in dem er verstorben ist. Die Verwaltungsanweisung hält das Finanzgericht Münster hingegen nicht für zutreffend.

 

Abschließend geklärt ist die Streitfrage damit jedoch noch nicht. Aufgrund des Widerspruchs zwischen der seinerzeitigen Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Nießbrauchsfall zur Verwaltungsauffassung sowie der Tatsache, dass der Sachverhalt (wegen des Nießbrauches) nicht eins zu eins übertragbar ist, hat das Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen bzw. zulassen müssen.

Tatsächlich hat der Fiskus auch Revision eingelegt. Insoweit muss nun abschließend der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 31/19 klären, ob nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen in einer Summe beim Erblasser in dessen Todesjahr entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung abzuziehen sind oder ob die Verteilung der Erhaltungsaufwendungen beim Erben fortgeführt wird. Aus unserer Sicht wird der Bundesfinanzhof entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entscheiden. Wir werden dann sicherlich wieder berichten und das konkrete Ergebnis mitteilen.

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